Chopin
Programm

Frederic Chopins e-Moll-Konzert ist zwar entstehungsgeschichtlich sein zweites Klavierkonzert, wurde aber 1833 mit der Opusnummer 11 vor dem zuerst entstandenen f-Moll Konzert op. 21 gedruckt und wird seither als erstes gezählt. Es handelt sich um ein Virtuosenkonzert, wie es in den 1820er/30er Jahren behebt war. Die Werke trugen einen stark artistischen, ja, zirzensischen Akzent: Zur-Schau-Stellung motorischer Beweglichkeit; Verblüffen durch Schnelligkeit, mechanische Ausdauer, Gleichmäßigkeit; Ohrschmeicheln durch eingängige Melodik. Chopins Konzert gehört diesem Konzerttyp an. Die drei Sätze sind temperamentvoll, brillant, harmonisch ausgreifend, rhythmisch akzentuiert, elegant, gefällig, unterhaltsam. Doch das Werk bietet mehr als die meisten anderen Virtuosenkonzerte dieses Zuschnitts, nämlich die Poesie romantischen Klavierspiels, die stimmungsvolle Atmosphäre der Mazurkas, Impromptus oder Nocturnes, denen sich Chopin ja bald ausschließlich zuwandte. Die Komposition hat trotz allem virtuos-vordergründigen Glanz eine intime Hinterbühne. Dass in diesem Werk das Orchester eher eine Nebenrolle spielt, unterstreicht den solistischen Charakter des Werks. Die Instrumentierung ist wenig differenziert. Geboten wird primär ein Klangteppich aus liegenden Noten, die Bläser intonieren einige ausdrucksstarke Melodielinien, doch gibt es keine gleichwertige Partnerschaft zwischen Klavier und Begleitung. Alle wichtigen musikalischen Ereignisse gehen vom Solisten aus, das Orchester schafft die nötigen Rahmenbedingungen für die solistischen Monologe, Vor diesem Hintergrund war es schon für Chopin und seine Zeitgenossen kein fremder Gedanke, das Konzert in einem Arrangement für Klavier und Streichquartett oder -quintett aufzuführen. Bedauerlicherweise ist eine entsprechende, vom Komponisten selbst eingerichtete kammermusikalische Bearbeitung verschollen. Die heute zu hörende Version steht jedoch in einer verbürgten Tradition derartiger Einrichtungen: Streichquartett und Kontrabaß übernehmen im wesentlichen die originalen Parte des Streichorchesters, während das Klavier in den Tuttistellen die Bläserstimmen ausführt. Somit geht keine Note von Chopins Komposition verloren.
Ulrich Konrad